Forschungsprofil

Lehr- und Forschungsschwerpunkte
Studien zur Subjektivität
Literatur und (Nicht-)Wissen
Gendertheorie (Körperpolitik, Sexualität und Begehren, Männlichkeitsstudien, Familienforschung)
Interkulturalität, Migrations- und Minoritätsliteratur
Literatur zu Schmutz und Sauberkeit
Kritische Phänomenologie (Literatur, Raumwahrnehmung und Emotion)

Wissenschaftliches Profil

Das Selbst in der Literatur
Im Zentrum meines Interesses steht die literarische Verhandlung von Subjektivität. Was ist ein Subjekt, ein Selbst, ein Ich? Wie konstituiert sich das Ich als Einheit aus Körper und Geist in Auseinandersetzung mit sich, anderen Subjekten, und dem, was um es herum geschieht, mit dem, was es wahrnimmt, was auf es einwirkt und es antreibt? Und wie wird das erzählt?

Melancholische Männlichkeit
Einen wichtigen Impuls zu diesem Fragenkomplex habe ich durch das Denken Søren Kierkegaards erhalten. In meinem 2008 erschienen Buch Das Begehren nach der Wunde. Religion und Erotik im Schreiben Kierkegaards bin ich Kierkegaards Zweifel an der vermeintlichen Stabilität des Hegelschen Vernunftsubjekts nachgegangen und habe Kierkegaards Faszination für das Verbotene der Lust zu einer Philosophie des dunklen, sich selbst nicht durchschaubaren Subjekts ausgearbeitet. Um die Ambivalenz dieser Bewegung zwischen Gesetz und Genuss, zwischen Verbot und Überschreitung des Verbots als ein subjektspezifisches Begehren nach der schmerzhaften Unabschließbarkeit der Existenz, der Wunde des Selbst, auszuarbeiten, habe ich auf Konzepte zurückgegriffen, die Judith Butler und Slavoj Žižek in kritischer Reflexion auf Grundbegriffe Jacques Lacans entwickelt haben: das Gesetz des Vaters, Nicht-Identität, melancholische Männlichkeit, Mehr-Genießen, Exzess, Hysterie…

Poetiken der Kraft
Auch in meinem zweiten Buch ‘Close your Eyes’. Phantasma, Kraft und Dunkelheit in der skandinavischen Literatur (2014) steht die Frage nach der Undurchdringbarkeit der eigenen Existenz zentral. Statt von der philosophischen Textarbeit eines Denkers auszugehen, habe ich hier jedoch versucht einen kulturhistorischen Wandel sichtbar zu machen, der sich über verschiedene Vorstellungen von Kraft als einer Größe menschlicher Entwicklung vollzieht. Ausgehend von Texten der skandinavischen Naturphilosophie zeige ich, dass Kraft bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein als etwas verstanden wurde, dem sein telos immer schon eingeschrieben ist. Diese Vorstellung von Kraft als Kategorie geordneter Entwicklung galt auch für das Konzept der dichterischen Einbildungskraft. Bei aller ihr zugestandenen Freiheit wurde doch erwartet, dass sie dem Gesetz der Vernunft nicht zuwiderläuft und alle antagonistischen Kräfte zu einer höheren Einheit harmonisiert. Diese Vorstellung löst sich Ende des 19. Jahrhunderts auf und wird, wie sich an Texten von u.a. J.P. Jacobsen, August Strindberg, Knut Hamsun und Johannes V. Jensen zeigen lässt, zu einer Poetik irrational-vitalistischer (Trieb-)Kraft ausgebaut. Das Paradigma idealistischer Einbildungskraft transformiert sich in der Moderne in eine phantasmatische Bildwelt des gedanklich Undurchdringbaren. Literatur wird vom Medium der Erkenntnis zu einem Medium des Nicht-Wissens.

Mit zwei neuen Forschungsprojekten verlasse ich die bisher für mich wichtige Zeit des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und widme mich dezidiert der Literatur und dem Film der Gegenwart. Weitergeführt wird jedoch das Interesse an Fragen der Subjektivität, und damit eng verbunden, dem Aspekt der Körperlichkeit.

Schmutz und Sauberkeit
In dem ersten Forschungsprojekt, Schmutz und Sauberkeit in der schwedischen Migranten-, Minoritäts und Arbeiterliteratur, untersuche ich, wie als schmutzig stigmatisierte Körper aus dem schwedischen ‘Volksheim’ ausgeschlossen werden. Methodisch schließe ich mit diesem Projekt an Critical Whiteness Studies an, in denen die Machtposition des ‘weißen Körpers’ als eine Position kritisiert wird, die sich über Unterdrückung und Ausschließung nicht-weißer Körper herstellt.

Liebe und Sexualität
In dem zweiten Forschungsprojekt Eigenartiges Begehren untersuche ich Formen intimer Beziehungen, die von der Mehrheit einer Gesellschaft als nicht-normkonform und deshalb als fragwürdig oder sogar illegitim problematisiert werden. Besonders deutlich wird eine solche Fragwürdigkeit in der Beziehung zwischen Menschen und humanoiden Wesen, den ‘technologisch Anderen’ also. Texte und vor allem Filme aus dem weit definierten Genre Science Fiction machen insofern einen wichtigen Teil dieses Forschungsprojekts aus.

Neben den genannten vier Forschungsfeldern beschäftige ich mich auch mit Texten und Theorien zum Bereich Familie, zum Verhältnis von Raumerfahrung und Emotion, sowie mit autofiktionalen Texten.